Serie IIoT #2 – OT und IT Kluft

In unserer wöchentlichen Serie IIoT möchten wir Ihnen Einblick in das Thema verschaffen. Wir zeigen Ihnen Hintergründe, Möglichkeiten, potentielle Hürden und Lösungsansätze auf und wir geben Ihnen Tipps, wie Sie (I)IoT angehen und sich das Thema zunutze machen können.

Warum die Betriebstechnologie (Operational Technology kurz OT) und Informationstechnologie (IT) in den bisherigen Netzwerken getrennt wurden und warum sich dies mit dem IIoT ändert, erfahren Sie hier.

Disruptive Technologien schlagen grosse Wellen in der Industrie und ermöglichen es Unternehmen, die Zugänglichkeit von Daten erheblich zu verbessern, um Menschen, Organisationen und Technologien miteinander zu verbinden.

Diese bahnbrechenden Technologien ermöglichen es Unternehmen, direkt auf die Daten von Anlagen, Produktionsanlagen und dezentralen Industriegeräten zuzugreifen. Keine Technologie hat in den letzten Jahren so viele Veränderungen bewirkt wie das Internet der Dinge (IoT).

Das IoT ist ein Netzwerk physischer Objekte, die mit Elektronik, Sensoren, Software und Netzwerkkonnektivität „intelligent“ gemacht wurden und es diesen Objekten ermöglichen, Daten zu sammeln und auszutauschen. Das IoT läutet eine Ära ein, in der Objekte über bestehende Netzwerkinfrastrukturen, einschliesslich des Internets, überwacht und gesteuert werden können, um Effizienz, Genauigkeit und Kosten zu verbessern.

Betriebstechnologie (Operational Technology kurz OT) ist Hardware und Software, die durch die direkte Überwachung und/oder Steuerung von Industrieanlagen, Vermögenswerten, Prozessen und Ereignissen eine Veränderung feststellt oder bewirkt.²

Daten revolutionieren die Industrie

Industrieunternehmen und Systemintegratoren erkennen allmählich die enormen Vorteile des IoT und haben ihren eigenen Begriff dafür geprägt: das industrielle Internet der Dinge (IIoT). Angesichts einer Welt, in der Daten zunehmend in jeden Aspekt des Geschäftslebens einfliessen, investieren vorausschauende Unternehmen jetzt in Daten wie nie zuvor.

General Electric (GE) beispielsweise hat in den letzten Jahren seine gesamte Herangehensweise an den Wert von Daten geändert, indem es 1 Milliarde Dollar in die Neugestaltung seines Software- und Analyseansatzes investierte und ein Team von 1.000 Softwareingenieuren einstellte. GE baut weiterhin grosse Maschinen wie Lokomotiven und Düsentriebwerke, integriert nun aber auch Intelligenz in seine Maschinen, um Daten zu sammeln und zu analysieren. Durch diese Bemühungen erwartet GE eine Produktivitätssteigerung von 1 %, was für ein Unternehmen seiner Grösse Hunderte von Milliarden Dollar bedeuten kann.¹

Da nun immer mehr Unternehmen IIoT einführen, konvergieren Betriebstechnologie (Operational Technology kurz OT) und Informationstechnologie (IT). Um sich an diese Konvergenz anzupassen, müssen Industrieunternehmen ihre Denkweise über OT und IT grundsätzlich ändern. Leider werden bei den meisten Industrieunternehmen die Daten und deren Kontrolle nach wie vor in der Fertigung gehalten, wo sie auf restriktiven und kostspieligen Systemen untergebracht werden, im Gegensatz zu den Systemen der IT. Dies hat im Wesentlichen dazu geführt, dass diese nützlichen Daten nicht zu denjenigen gelangen, welche auf Unternehmensebene zur Entscheidungsfindung herangezogen werden.

Angesichts der grossen Notwendigkeit, das IIoT zu nutzen, um industrielle Daten auf allen Ebenen zugänglicher zu machen, ist es für Industriefachleute wichtig zu verstehen, warum die Konvergenz zwischen OT und IT stattfindet. Ausserdem sollten sie aktiv daran arbeiten, OT und IT aufeinander abzustimmen. Obwohl OT und IT jahrzehntelang als zwei unterschiedliche Bereiche betrachtet wurden, müssen sie jetzt zusammenarbeiten, um das IoT auf die industrielle Ebene zu bringen.

Die OT-IT-Kluft

Wahrscheinlich denken Sie bei IT an Software, Hardware, Netzwerke, Kommunikationstechnologien und Systeme, die Informationen speichern, verarbeiten und an alle Bereiche eines Unternehmens weitergeben. IT-Experten sind Experten für Netzwerktechnologien und kennen sich mit schneller Skalierbarkeit, Cloud-Infrastrukturen, webbasierten Implementierungen und Technologien wie beispielsweise SQL, Java und Python bestens aus.

OT umfasst Maschinen, physische Anlagen und ferngesteuerte industrielle Software und Hardware. OT-Fachleute konzentrieren sich auf Systeme, die zur Überwachung und Steuerung eingesetzt werden. Sie sind versiert im Umgang mit speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS/PLCs), Remote Terminal Units (RTUs), Mensch-Maschine-Schnittstellen (HMI/MMI), SCADA-Systemen (Supervisory Control and Data Acquisition) und Embedded-Computing-Technologien.

OT und IT verwenden in der Regel unterschiedliche Ansätze zur Problemlösung. Die IT implementiert Lösungen mit einem Top-Down-Ansatz, der mit dem grossen Ganzen beginnt, z. B. mit den Gesamtanforderungen eines Unternehmens. Das Gesamtbild wird dann in Teilkomponenten aufgeteilt, und für jede Teilkomponente werden Lösungen entwickelt. Der Top-Down-Ansatz zwingt Sie dazu, die Methode der Lösung zu verstehen und nicht nur das Problem.

OT-Fachleute hingegen gehen Lösungen von Grund auf an, indem sie mit den einzelnen Komponenten beginnen, um ein komplexeres System aufzubauen (Bottom-Up). In SCADA-Umgebungen werden Daten aus verschiedenen Prozessen in der Fabrik gesammelt. OT-Fachleute müssen dazu Lösungen finden, wie alle Systeme und Daten integriert werden können, damit sie zusammenarbeiten. Da die meisten OT-Technologien proprietär sind, können viele SCADA-Lösungen nur schwer zu integrieren sein. OT-Fachleute arbeiten zudem mit sensiblen, unternehmenskritischen und risikoreichen Systemen; daher ist ihre grösste Sorge die Sicherheit, weshalb Internet- und Wide Area Network-Konnektivität für sie bisher keine Priorität hatten.

Mit der Einführung von intelligenten Maschinen, Big Data und dem industriellen Internet müssen OT und IT jedoch dasselbe Problem lösen: den Zugriff auf industrielle Daten. Leider haben OT und IT aber bisher auf getrennten Ebenen existiert, so dass keine der beiden Seiten die Bedürfnisse der anderen Seite wirklich versteht, wenn es um Lösungen geht. IT-Fachleute verstehen möglicherweise nicht, warum OT immer noch veraltete Geräte verwendet und mit proprietären, astronomisch teuren Lösungen arbeitet. OT-Fachleute verfügen möglicherweise nicht über fundierte Kenntnisse von SQL-Datenbanken oder der Bandbreite der Sicherheitsprotokolle, die heute in der IT verwendet werden.

Trotz dieser Kluft besteht eine grosse Chance, dass OT und IT zusammenkommen und die Stärken des jeweils anderen nutzen, um eine wirklich bahnbrechende Technologie zu entwickeln. Die Trennung von OT und IT ist eine Denkweise aus der Zeit vor Industrie 3.0 und IIoT. Um den Anforderungen der heutigen datenintensiven Umgebung gerecht zu werden und in die Industrie 4.0 einzusteigen, müssen Unternehmen daran arbeiten, OT und IT aufeinander abzustimmen.

In unserer nächsten Serie befassen wir uns mit dieser Abstimmung und der Verbindung von OT und IT. Seien Sie also gespannt und finden Sie in den nächsten Teilen heraus wie Sie OT und IT zusammenführen können.

“Behind GE’s Vision for the Industrial Internet of Things,” Fast Company

2 https://www.gartner.com/en/information-technology/glossary/operational-technology-ot